Frankfurter Neue Presse
Printausgabe vom 29.09.2005
Villmarer besuchten Matthias-Grab in Trier
Von Lydia Aumüller

Villmar/Trier. Eine Gruppe Villmarer hat jetzt das Grab des Heiligen Matthias in der Trierer Benediktinerabtei St. Matthias besucht. Wegen der Umgestaltung und Restaurierung des Innenraumes der Abteikirche fanden sie den Heiligen in der abgeschlossenen Vorhalle der Kirche. An seinem bisherigen Standort im Chor der Kirche war nur ein gähnendes Loch in die Tiefe erkennbar. Was darunter verborgen war, konnte man kaum ahnen.

Abtpräses Ansgar Schmidt, der die Villmarer Gäste mit Dekan Günter Daum empfing, erläuterte ausführlich die vor eineinhalb Jahren begonnenen Arbeiten im Außen- und Innenbereich der Abteikirche, die nicht zuletzt einem neuen Standort für das Matthiasgrab dienen sollten. Demnach wird unter anderem der Hochchor als Taufort gestaltet. Ein neuer Zugang zur Mittelachse der Krypta macht den Besuch der Gräber der Gründerbischöfe Valerius und Eucharius möglich. Der Reliquienschrein des Heiligen Matthias wird dort künftig auch für Gehbehinderte mittels eines Aufzuges zu besuchen und zu berühren sein. Bei Arbeiten zur Bodenrenovierung der Abteikirche um 1960 wurde bereits an dieser geschichtsträchtigen Stätte das Grab des Abtes Reginardus gefunden, der von 1050 bis 1062 das Kloster führte. Er erhielt während dieser Zeit 1053 von Kaiser Heinrich III. Villmar zum Geschenk. Für die Geschichte Villmars ist er ein Zeitzeuge. Seine Grabbeigaben, der Abtsstab und ein Grabkelch, befinden sich heute im Museum der Abtei.

Die neuen Ausgrabungen ergaben weitere Hinweise auf die Vorgängerbauten der heutigen Abteikirche. Danach war schon in spätrömischer Zeit in unmittelbarer Nähe der Grabstätten der Bischöfe Eucharius und Valerius eine Begräbnisstätte angelegt worden, die jetzt wieder entdeckt wurde. Es finden sich dort viele Gräber, die eng aneinander angelegt sind. Wahrscheinlich erhoffte man sich von der Bestattung nahe der ersten Trierer Bischöfe einen leichteren Zugang zum Paradies. Als Bischof Egbert im 10. Jahrhundert die alte Kirche wieder aufbauen ließ, blieb nur die Krypta mit den Gräbern von Valerius und Eucharius erhalten. Die spätromanischen Gräber wurden erst jetzt entdeckt, ebenso die Mauerreste der Egbert-Kirche aus dem 10. Jahrhundert, die über eine schon im 9.Jahrhundert zerstörten Kirche an gleicher Stelle errichtet wurde. Die Ausgrabungen bezeugen eine einmalige Kontinuität christlicher sakraler Bauten seit spätrömischer Zeit. Das kostspielige Bauprojekt, so Abtpräses Ansgar Schmidt, wurde nach Absprache mit den Vertretern der bischöflichen Baubehörde, dem Amt für Denkmalpflege und dem Pfarrgemeinderat verabschiedet. Zur finanziellen Unterstützung trägt der gegründete «Bauverein St. Matthias» bei, der auch für die kleinste Spende dankbar zeichnet, bemerkte der Gastgeber.

Der 60-jährige bisherige Obere der Trierer Benediktiner-Mönchsgemeinde Abtpräses Ansgar Schmidt wurde 1981 zum Abt gewählt und ist seit September 2004 Abtpräses der Kongregation von der Verkündigung. Sein Nachfolger für die nächsten acht Jahre als Abt der Klostergemeinschaft wurde am 23. August Bruder Ignatius Maaß gewählt Einführung des neuen Abtes ist am Samstag, 22. Oktober, um 10.30 Uhr in der Abteikirche. Der Bischof von Trier, Reinhard Marx, wird den Gottesdienst leiten. 

Nassauer Tagblatt
Villmarer Delegation besuchte das Apostelgrab in Trier

Der heilige Matthias auf Wanderschaft

20.06.2005

Von Lydia Aumüller

Villmar/Trier. "Erbe erhalten - Zukunft gestalten" heißt es in einer Broschüre in der Benediktiner-Pfarr- und Abteikirche "St. Matthias" in Trier. Dort informierten sich Villmarer Besucher des Gotteshauses über die derzeitige Neugestaltung und Restaurierung des fast leeren Innenraumes.

"Wo aber befinden sich die Reliquien des heiligen Matthias?", fragten die Villmarer, die feststellten, dass der bisherige Platz im Chorraum verwaist war.

Stattdessen war ein gähnendes Loch in die Tiefe erkennbar.

Wegen der derzeitigen großen Bauphase erhielt das Apostelgrab in der abgeschlossenen Vorhalle der Kirche eine vorübergehende Bleibe, so Abt Ansgar Schmidt, der die Villmarer Gäste empfing.

Der Abt erhielt von Gerhard Höhler ein Villmarer Wappen aus "Bongard"-Marmor überreicht.

Der eingravierte Schriftzug "950 Jahre Villmar" soll an den Schenkungsakt im Jahr 1053 erinnern, als der Königshof von Kaiser Heinrich III. dem Kloster Eucharius/Matthias in Trier übereignet wurde.

Bemerkenswert ist, dass seit jenen Tagen eine besondere Verbindung Villmars zu diesem Kloster und seinem Apostelgrab auch 200 Jahre nach der Säkularisierung noch spürbar ist.

Ansgar Schmidt erläuterte ausführlich die vor einem Jahr begonnenen Arbeiten im Außen- und Innenbereich der Abteikirche, die noch über ein Jahr andauern könnten.

Demnach wird unter anderem der Hochchor als Taufort gestaltet. Ein neuer Zugang zur Mittelachse der Krypta macht den Besuch der Gräber der Gründerbischöfe Valerius und Eucharius möglich. Das Grabmal soll künftig etwas erhöht vor dem Chorraum platziert werden.

Der darunter befindliche Reliquienschrein in der Krypta soll auch für Gehbehinderte mit einem Aufzug zu besuchen und zu berühren sein.

Die unter der Abtsherrschaft von Modestus Manheim (1727-1758) aus heimischem Marmor um 1731 angebrachten Kommunionbänke wurden 1965 als Chorschranken umgestaltet und jetzt abgebaut und gelagert.

Sie sollen in der Marienkapelle der Abteikirche einen würdigen Platz erhalten. Dem damals eingemeißelten lateinischen Distichon war folgendes zu entnehmen: "Den Himmlischen zur Ehre errichtete Abt Modestus dieses edle Kunstwerk in liebevollem und frommen Sinn. Der Abt, dessen Heimat Koblenz ist, hat mich aufgestellt. Möge das Werk dreihundert Jahrhunderte bestehen."

Dieser fromme Wunsch soll in Erfüllung gehen. Das kostspielige Bauprojekt, so Abt Ansgar, wurde nach Absprache mit den Vertretern der bischöflichen Baubehörde, dem Amt für Denkmalpflege und dem Pfarrgemeinrat verabschiedet.

Zur finanziellen Unterstützung trägt der gegründete "Bauverein St. Matthias" bei, der auch für die kleinste Spende dankbar zeichne, bemerkte der Gastgeber. Der 60jährige Ansgar wurde 1981 zum Abt gewählt und ist außerdem seit September 2004 Abtpräses.

 



Frankfurter Neue Presse
Printausgabe vom 25.08.2005
Kaiser ruht in Villmarer Marmor
Von Lydia Aumüller



Villmar. Im September findet aus Anlass des 1150. Todesjahrs von Kaiser Lothar I. in der Prümer Basilika ein feierliches Gedenken statt. Der erneuerte Sarkophag für den Kaiser wurde 1874/75 aus schwarzem und weißem Marmor in der Nassauischen Marmorfabrik in Villmar hergestellt.

In einer Festschrift des Geschichtsvereins «Prümer Land» beleuchtet Pfarrer i. R. Gerd Hagedorn, Dahn, Lothars Eintritt ins Kloster, sein Tod, seine Grablegung und die verschiedenen Gräber im Laufe der Zeit. Zur letzten Umbettung der Gebeine des Kaisers wurde der Wissenschaftler auch in Limburg fündig, denn im Archiv der Nassauischen Neuen Presse, Limburg, befindet sich in den Aufzeichnungen des Nassauer Boten vom 11. Mai 1875 folgender, interessanter Beitrag: Das Grabdenkmal Kaiser Lothar I. Prüm: 22. April. «Am 17. d. Mts. fand in der hiesigen Pfarrkirche die Überbringung der Gebeine Kaiser Lothar I., der bekanntlich 855 in der Benediktiner Abtei Prüm sein schicksalhaftes Leben beschloß, und mehrere Reliquien in das prachtvolle Grabdenkmal statt, dessen endliche Fertigstellung, neben den ausdauernden Bemühungen des Kirchenvorstandes und mehrerer Kunstfreunde, namentlich Sr. Majestät des Kaisers zu danken ist. Wir lenken die Aufmerksamkeit aller Touristen auf das Denkmal hier, welches an der südlichen Wand des Chores aufgerichtet ist. Auf drei Stufen von so genanntem belgischen Granit ruht der eigentliche Sarkophag aus schwarzem Marmor; den etwas vorspringenden oberen Rand desselben tragen an den drei Seiten acht schwarze Marmorsäulen mit Postamenten und Capitälen aus weißem Marmor. Die Gebeine ruhen in einem Doppelsarge von Blei und Holz, der in den Sarkophag eingesetzt ist. Das ganze Monument deckt eine große, dreißig Centner schwere Platte aus weißem Marmor, auf welcher in Goldlettern die alte von Rhabanus Maurus (gest. 856 als Erzbischof von Mainz) gefertigte Inschrift zu lesen ist: Epithaphium H lotharii Imperatoris. Continent hic tumulus memorandi Caesaris ossa H lotharii Magni principis atque Pii, Qui Francis, Italis, Romanis praefuit ipsis, Omnia sed sprevit, pauper et hinc abiit. Nam bis tricenos monarchus sic attiquit annos, Et se mutavit ac bene post obiit- III. KL. Octobr. Auf der vorderen Langseite des Sarkophages stehen (wie auch die vorstehende Inschrift in Goldmajuskeln) die Worte, Erneuert 1874 unter der Regierung König Wilhelms von Preußen Es gereicht uns zur besonderen Genugthuung, hiermit die Mittheilung knüpfen zu können, dass dies hervorragende Kunstdenkmal einer heimatlichen Gesellschaft, nämlich der Deutschen Baustein-Industrie zu Köln, seine Herstellung verdankt, in deren Werkstätten zu Villmar a.d. Lahn daßelbe gefertigt wurde.»

Für dieses würdige Grabdenkmal sorgte der damalige Dekan und Ehrendomherr der Kirche, Peter Christa (1855 bis 1898). Er ließ in der Nassauischen Marmorfabrik in Villmar einen Sarkophag aus schwarzem und weißem Marmor anfertigen, der von Spenden Gläubiger und durch die Unterstützung des preußischen Königs mit 1 350 Talern finanziert wurde. Das Unternehmen beschäftigte damals die stattliche Zahl von 120 Arbeitern. Möglicherweise sollte die Lieferung des Kaisergrabmals bereits 1874 erfolgen, wie das eingemeißelte Datum auf der Vorderseite zeigt. Wenn obige Datenangabe des Nassauer Boten stimmt, wurde die feierliche Beisetzung der sterblichen Überreste Kaiser Lothar I. am 17. April 1875 vorgenommen und nicht am 21. April 1875, wie bisher in Prüm vermutet. Jedenfalls können die Villmarer auf die Fertigung des Kaisergrabes in ihren Mauern, heute noch stolz sein.



Frankfurter Neue Presse
Printausgabe vom 19.08.2005
Zwei Denkmäler für König Konrad
Von Lydia Aumüller

Villmar/Weilburg. Seit dem Hessentag gibt es im Landkreis Limburg-Weilburg zwei Denkmäler, die den aus dem heutigen Hessen stammenden König Konrad I. ehren und an ihn erinnern sollen. Schon seit 1894 steht auf dem Bodensteiner Ley in der Gemarkung Villmar, einem linksseitig aus der Lahn aufsteigenden, über 40 Meter hohen Marmorfelsen, ein Standbild des Königs, das ursprünglich für Weilburg konzipiert war, dort aber wohl wegen der damals nicht bekannten und deshalb auch nicht gewürdigten Bedeutung dieses deutschen Königs abgelehnt wurde.

Der Initiative des Villmarer Pfarrers Johannes Ibach ist es zu verdanken, dass das Denkmal einen würdigen Platz am jetzigen Standort erhielt. Da es zurzeit von König Konrad noch keine Residenzen im heutigen Sinne gab, ist dieser Standort im früheren Lahngau auch durchaus angemessen. Seit der Errichtung des Denkmals neben dem Parkplatz an der Landstraße Villmar-Runkel, kümmerten sich zunächst die Gemeinde und später der Villmarer Verschönerungsverein um diese Gedenkstätte. Sie wurde 1994 gründlich restauriert.

Nicht zuletzt wegen der Entwicklung der Machtverhältnisse im damaligen Reich stand die Regierung Konrads unter keinem guten Stern; der König erkannte dies und verfügte auf seinem Sterbebett in dem «Weilburger Testament», dass die Königswürde dem damals mächtigsten Herzog im Reich, Heinrich von Sachsen, angetragen werden sollte. Das war für diese Zeit revolutionär, dachte man doch überwiegend an die Kontinuität der eigenen Dynastie und die Vermehrung der Hausmacht. Nun ist sich das moderne Weilburg auch der Bedeutung König Konrads I. bewusst geworden. Während des Hessentags konnten die Besucher die Enthüllung eines neuen Denkmals zur Erinnerung an den König erleben, das seinen Standort vor dem Landtor erhielt. Gleichzeitig informierte im Weilburger Schloss eine Ausstellung über die Geschichte des hier spät Geehrten, die die Initiative «König Konrad I. – der König, der aus Hessen kam», und das Vonderau-Museum Fulda veranstalteten.

In der beeindruckenden Präsentation mit großformatigen Abbildungen und Texten stellten sie den geschichtswissenschaftlichen Forschungsstand über König Konrad vor. Den Geist der konradinischen Epoche spiegelten mehrere originale Urkunden, Federzeichnungen, Radierungen und andere Exponate wider. Unter den ausgestellten Raritäten befand sich eine Denar-Münze Konrad I. aus Silber, als Leihgabe des Historischen Museums Frankfurt, wie auch die originalen Totenannalen mit Eintragung des Königs – ob cuonrat rex –, die die Hochschul- und Landesbibliothek Fulda verwahrt. Die Fuldaer Wissenschaftlerin Frau Dr. Gudrun Vögler, geboren in Nauheim, stellte als Begleitung dieser Ausstellung eine Broschüre mit dem Titel «König Konrad I. – der König der aus Hessen kam» vor, das im Weilburger Stadtmuseum erhältlich ist. Die Ausstellung wird nochmals anlässlich eines Symposiums «König Konrad I. auf dem Weg zum Deutschen Reich?» in Fulda vom 21. bis 24 September im Stadtschloss und Vonderau-Museum gezeigt, zu dessen Eröffnung auch der Weilburger Bürgermeister Hans-Peter Schick ein Grußwort sprechen wird. Dazu sind noch Anmeldungen bis zum 1. September möglich.


Nassauer Tagblatt
Vor 150 Jahren einem Villmarer Marmormeister für seine Verdienste geschenkt

Nachfahren Johann Peter Leonhards sind stolz auf die Bronzemedaille
07.01.2005

Von Lydia Aumüller

Villmar. Vor 150 Jahren erhielt der Villmarer "Marmorierer" Johann Peter Leonhard eine vom bayrischen König Maximilian gestiftete Medaille, auf die heute noch die Nachfahren des Meisters stolz sind. Sie befindet sich im Privatbesitz seines Urenkels Ferdinand Leonhard.

Die aus Bronze befindliche Auszeichnung zeigt auf der Vorderseite das Portrait des Königs Maxmilians I. von Bayern, auf der Rückseite einen Engel mit Kranz und Palmzweig und die Umschriftung "Ausstellung Deutscher Industrie und Gewerbe Erzeugnisse München 1854".

Johann Peter Leonhard hatte 1854 den Mut, seine in Handarbeit gefertigte Marmorrosette in der ersten deutsche Industrieausstellung in München als nassauischer Meister von Villmar zu präsentieren.

Die aus schwarzem und weißem Marmor gefertigte Mosaikarbeit war für den Fußboden der griechischen Kapelle bestimmt, deren Innenausstattung mit Lahnmarmor Johann Peter Leonhard bereits im Novemnber 1848 mit einem weiteren mehrköpfigen Meisterteam übernommen hatte. Aus heutiger Sicht muss es für den Villmarer eine anstrengende, mehrtätige Fahrt, mangels Bahnverbindung, mit Pferd und Wagen, bis zur Ankunft nach München gewesen sein. Obwohl Johann Peter Leonhard durch seine Wandererfahrungen von 1815 bis 1820 in einen Teil der großen Welt gesehen hatte, war für ihn das Ausstellungsgebäude sicher umwerfend.

Schließlich hatte mit der Errichtung dieses Glaspalastes an der Sophienstraße, der 1854 für die deutsche Industrieausstellung ganz aus Glas und Eisen erbaut worden war, der Aufstieg Münchens zur Messestadt begonnen.

Dass die königlichen Hoheiten, Königin Marie von Sachsen (1805 - 1877), eine Tochter des bayerischen Königs Max I. Josef (1756 - 1825) und König Friedrich August II. von Sachsen, Besucher der Industrieausstellung waren, ist bemerkenswert. Der König kam im August 1854 durch einen Unglücksfall ums Leben. Die damalige Ansammlung der Menschenmassen hatte auch zur Folge, dass eine Choleraepidemie auch in München täglich über 100 Menschen hinraffte. Johann Peters Aufenthalt während der Präsentation seiner Marmorarbeit in München war darum nicht ungefährlich, machte ihn aber über die Grenzen Nassaus hinaus bekannt.

Die vielseitige und anerkannte Arbeit des Meisters Johann Peter sowie seiner Vorfahren und Nachkommen war auch der Grund, für die Entscheidung des Villmarer Gemeindevorstandes, am 29. Juli 2002 jene Straße als "Leonhardstraße" umzubenennen, an der das Stammhaus an die über 200 Jahre tätigen Leonhardschen Steinhauer- Familien erinnert.


Nassauer Tagblatt

Von Heimatforschern jetzt in einem Wohngebiet wiederentdeckt

Schwarzer Limburger Marmor geriet in Vergessenheit

11.01.2005

Von Lydia Aumüller

Limburg. "Limburger schwarz" oder "Schupbach schwarz", das ist die Frage, die sich Experten und Lahnmarmor-Freunde stellen müssen, wenn sie schwarze Exponate des Devongesteins in Domizilen der kirchlichen und weltlichen Herrscher in Augenschein nehmen. Warum? Der Limburger Marmor sieht dem Schupbacher nach Expertenmeinung täuschend ähnlich. Der Limburger Steinbruch rechts der Lahn, welcher sich seit 1886 im Eigentum der Familien Hankammer befindet, geriet aber in Vergessenheit.

Dort wurde im 2. Weltkrieg zum Schutze der Bevölkerung vor Luftangriffen alliierter Flugzeuge ein Luftschutzbunker in den Felsen getrieben. Zudem fanden Anfangs des 20.Jahrhunderts die Steine nur als Baumaterial der Firma Hankammer Verwendung. Heute befindet er sich im bebauten Wohngebiet.

Wie wird wohl Struktur und Farbe des Devonsteins sein? Das wollten jetzt Lahnmarmorfreunde wissen. Das machte auch den heutigen Eigentümer des Areals, Werner Hankammer, neugierig. Mit Hilfe des Villmarer Steinspezialisten Gerhard Höhler konnte das Rätsel gelöst werden.

Er entnahm im Beisein von Sigrid und Werner Hankammer sowie des Limburger Heimatforschers Friedel Kloos an Ort und Stelle eine "Gewebeprobe" zur Bearbeitung des Gesteins.

Nach Schneiden, Schleifen und Polieren kam zur Überraschung aller ein schöner schwarzer Marmor zu Tage, der dem bekannten "Schupbacher Schwarzen" täuschend ähnlich sieht. Dass der Limburger Steinhauer Johannes Maus 1726 den Altar der Trierer "Heilig-Rock-Kapelle" fertigte, ist belegt.

Dass er dafür wahrscheinlich Limburger schwarzen Marmor aus der Nachbarschaft genommen hatte, ist verständlich.

Dafür spricht auch die Lage seiner beiden Wohngebäude in der Limburger Brückenvorstadt, die Maus 1726 als Kaution eingesetzt hatte, wie Historiker Johann Georg Fuchs wusste.

Diese Gebäude sowie der Marmorbruch sind in einem Limburger Stadtplan von 1759 erkennbar.

Nach erhaltenen Unterlagen befand sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts der Marmorbruch im Eigentum des Steinhauers Jakob Roth, der Jahrzehnte die Diezer Marmor-Zuchthausfabrik mit dem Gestein als Werkstoff belieferte und diesen auch selbst um 1850 bei Arbeiten in der Russischen Kapelle in Wiesbaden anbrachte.

Nach Recherchen von Friedel Kloos kam 1878 das Areal des Steinbruches an den Zigarrenfabrikanten Josef Kremer. Im Jahre 1886 erwarb Christian Hankammer, der Großvaters des heutigen Besitzers, Werner Hankammer, das Gelände.

Im Archiv des Limburger Heimatforschers Friedel Kloos ist auf einem Limburger Bilddokument um 1900 der Devonstein gegenüber dem Limburger Dom in großen Mengen vorhanden.

Nassauer Tagblatt
Alte Kunstwerke Villmarer Meister am Totenhof der katholischen Kirche
Historische Marmorgrabsteine gereinigt

14.10.2004

Von Lydia Aumüller

Villmar. Bei den Sanierungsmaßnahmen der im Eigentum der katholischen Pfarrgemeinde befindlichen Bauwerke, wurde nicht nur die Friedhofsmauer unterhalb der Kirche gründlich renoviert, sondern auch an die Denkmäler an der Kirche gedacht.
Die historischen Grabsteine an der Villmarer Pfarrkirche wurden gründlich gereinigt.(Fotos: L. Aumüller)
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Dank der Initiative des Ehepaares Bernhard und Christa Grimm, die ehrenamtlich über 70 Marmorgrabsteine aus dem 17. bis 19. Jahrhundert am Totenhof der Pfarrkirche reinigten, sind diese alten Kunstwerke Villmarer Meister zum Teil wieder lesbar geworden.

Davon konnten sich über 100 Mitglieder des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung (Wiesbaden) bei einem Besuch historischer Bauwerke Villmars überzeugen.

Sie waren nicht nur voll des Lobes über die 255 Jahre alte barocke Pfarrkirche, die ihnen Dekan Günter Daum vorstellte, sondern auch über den Erhalt der alten Grabkreuze aus heimischem Marmor.

Eine Fundgrube

Schließlich erinnerten diese an Verstorbene vergangener Jahrhunderte, die hier ihre letzte Ruhestätte fanden. Die in mühevoller Arbeit von Herbert Schulze (Villmar) vor 30 Jahren vorgenomme Aufzeichnung der Steinbeschriftung ergänzen jetzt die altersbedingt fehlenden genauen Daten und Namen.

Für Familienforscher ist diese Dokumentation eine wertvolle Fundgrube. Oft ist neben dem Geburts- und Sterbetag auch die gesellschaftliche Stellung, wie Pastor, Schultheiß, Kurfürstlicher Hofpächter, Waldförster ("dem Haus S. Matthias treu und ehrlich gedienet"), Müller, Gerichts- oder Sendschöffe, Notar, Steinhauer- oder Maurermeister erkennbar.

Bei den verstorben tugendsamen Ehefrauen sind die Jahre der Ehe und die Zahl der geborenen Kinder festgehalten. Zu erkennen ist, dass besonders wertvolle, große Marmorkreuze den Verstorbenen der Pächterfamilien der Vogteihöfe Traisfurt, Unter- und Obergladbach gehörten.

Ein Beispiel: An die Familie des Peter Lamboy, Kurfürstlicher Pächter der Hofes Obergladbach im 18. Jahrhundert, erinnern zwei Marmorkreuze für die Söhne Johann Simon (*1707, ‘1773) und Johann (*1708, ‘1780 ) sowie ein Gedenkstein der Ehefrau Brigitta Lamboy geborene Flach.

Hier ist unter anderem zu lesen: "Ja siehe, ich werde jetzt im Staub schlafen, da mein Leben ist gleich wie von einem Weber abgeschnitten. Als nämlich ich, Brigitta, des ehrsamen Johann Peter Lamboys eheliche Hausfrau den 7. Tag Juni 1721 im Herrn sanft entschlafen, meines Alters 39 Jahr, 7 Monat, meines Ehestandes aber 16 Jahr, 4 Monat. Ist also dieses Gedächtnis für uns und unsere 6 Kinder zur Ehre Gottes aufgerichtet, von welchem wir alle er hoffen, die ewige Freud und Seligkeit".

Einen weiteren kunstvollen Marmor- Gedenkstein fertigte der Marmormeister Johannes Clausener für seine am 23. Februar 1719 Tochter Maria Elisabeth, die mit viereinhalb Jahren verstarb. Ihr folgte am 25. September des gleichen Jahres sein Sohn Johannes mit drei Monaten. Meister Johannes Clausener starb 1721 mit 32 Jahren. 

Nassauer Tagblatt
Fundstücke aus Villmar werden bis Ende November gezeigt

Wertvolle Münzen und alte Krüge ausgestellt
04.11.2003



Villmar. (rk). Eine Sonderausstellung "Bodenfunde und Metallgewinnung von der Vorzeit bis zum 18. Jahrhundert" wurde gestern in der Villmarer Filiale der Kreissparkasse Weilburg vom Schirmherrn, Bürgermeister Hermann Hepp (CDU), eröffnet.

Bei der Ausstellungseröffnung (von links): Dekan Günter Daum und Lydia Aumüller. In Hintergrund Altbürgermeister Hubert Aumüller sowie Bürgermeister Hermann Hepp. (Foto: Klöppel) 

Sie ist dort noch bis zum 30. November bei freiem Eintritt während der üblichen Geschäftszeiten der Öffentlichkeit zugänglich. Die Ausstellungstücke stammen aus dem Landesmuseum und vom Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden und Privatsammlern und wurden von der Villmarer Heimatforscherin Lydia Aumüller mit erklärenden Texten und Bildern aufbereitet zusammengestellt.

Die Ausstellung sei ein weiterer Höhepunkt im Rahmen der diesjährigen Villmarer Jubiläumsfeierlichkeiten, meinte Bürgermeister Hepp.

Älter als 950 Jahre 

"Dass Villmar älter ist als 950 Jahre, bezeugen Funde menschlichen Daseins im Bereich der Gemarkung Villmar aus der Urnenfelderzeit, dem Bereich von 1200 bis 900 vor Christus", berichtete Lydia Aumüller.

Es seien fünf Bruchstücke von Tongefäßen aus einem Urnengrab, welche 1958 in der Flur "Batzewies" bei Baggerarbeiten für das Wohnhaus des "Klausenhofes" in zwei Metern Tiefe gefunden worden seien.

Ebenfalls in der Ausstellung zu bewundern ist ein Steinzeuggefäß aus dem 15. oder frühen 16. Jahrhundert, das 1970 bei Baggerarbeiten zur Verlegung von Kanalrohren in der Burgstraße durch eine geschichtsbewusste Bürgerin geborgen wurde.

Zu sehen ist zudem ein Tonkrug aus dem 17. Jahrhundert, der 1937 mit 40 silbernen Münzen darin und einem Reliquienkreuz in Kirchennähe gefunden worden war. Das Kreuz gehört genauso zur Ausstellung und stammt laut Aumüller vermutlich von dem 1623 in Villmar verstorbenen Pastor Wilhelm Lindener.

Weitere Glanzstücke der Ausstellung sind wertvolle Münzen: von den Römern ein Augustusdenar aus dem Jahr 18 vor Christus und ein römisches As aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert nach Christus sowie sogenannte "Petermännchen" von 1689, die Erzbischof Hugo von Orsbeck prägen ließ und auf der Rückseite den Heiligen Peter mit Schlüssel und Buch zeigen.

Des weiteren "Ausbeutetaler" mit dem Wappen des Trierer Erzbischofes von 1615, hergestellt aus Silber aus den Gruben von Langhecke, und ein "halber Konventionstaler" von 1757, den der Kopf und das Wappen des Kurfürsten Johann Philipp von Walderdorff zeigt.


Nassauer Tagblatt
Lydia Aumüllers Forschungen gewürdigt

23.03.2003

(rk). Den Ehrenbrief des Landes Hessen überreichte Landrat Dr. Manfred Fluck (SPD) gestern an die Villmarer Heimatforscherin Lydia Aumüller.


Villmar. Bürgermeister Hermann Hepp (CDU) hatte die Auszeichnung für die 73-jährige Frau von Altbürgermeister Hubert Aumüller (SPD) beantragt.

"Bei der zu Ehrenden handelt es sich um eine Persönlichkeit, welche sich seit Jahrzehnten der Aufarbeitung der heimischen Geschichte widmet", erklärte der Landrat. Seit Anfang der 70-er Jahre sei sie aktives Mitglied im Historischen Kreis "Goldener Grund".

Als Ortschronistin beschäftige sie sich, so Fluck, neben der Vergangenheitsaufarbeitung des Ortsteiles Villmar hauptsächlich mit der Geschichte der Juden in der Gemeinde.

Hinsichtlich ihres uneigennützigen und unentgeltlichen Engagementes für die heimische Geschichte habe sie selbst Wege und Quellen gefunden, um diese glaubhaft und beweisbar der Öffentlichkeit vorzustellen, meinte der Kreis-Chef.

So stehe sie in ständigem Kontakt mit dem Staatsarchiv in Wiesbaden und Koblenz sowie dem Wiedschen Archiv in Neuwied am Rhein. Durch zahlreiche Veröffentlichungen im TAGEBLATT habe sie sich in der Region einen Namen gemacht, sagte Fluck.

Auch sei sie seit 15 Jahren Berichterstatterin für das Kreisjahrbuch. "Als größter historischer Erfolg ihrer Arbeit ist zweifelsfrei das Auffinden des alten Stadtplanes von Villmar zu werten", merkte der Landrat an.

Diesen habe sie zufällig im Rahmen ihrer Nachforschungen im Bischöflichen Ordinariat in Limburg entdeckt. Des weiteren habe die Gemeinde Villmar Lydia Aumüller die Wiederbeschaffung alter Holzreliefs im Februar 1988 zu verdanken.

Diese Schnitzereien aus dem Jahr 1702 seien nach über 50-jähriger "Leihgabe" vom Heimatmuseum Weilburg nach Villmar zurückgekehrt. Die Geehrte sei zudem stark verwurzelt mit der Denkmalschutzerhaltung in ihrer Gemeinde.

Ihrer Initiative ist laut Landrat die Erhaltung zahlreicher Bildstöcke zu verdanken. Seit September 1997 ist Lydia Aumüller außerdem Kuratoriumsmitglied im Lahn-Marmor-Verein Villmar und veröffentlichte als solches unermüdlich Abhandlungen über die Marmor- und Steinmetzgeschichte Villmars. Bürgermeister Hepp sagte, dass jemand, der sich auf solch vielfältige Weise für den Ort engagiere, ein würdiger Träger des Landesehrenbriefes sei. Der Verwaltungschef bat Lydia Aumüller, weiter die Geschichte Villmars aufzuarbeiten.

Die Geehrte meinte, dass Ortsgeschichte eine sehr interessante Freizeitbeschäftigung sei, "besonders wenn man dabei auch das eine oder andere Erfolgserlebnis hat".



Nassauer Tagblatt
Briefwechsel mit einer ehemaligen Zwangsarbeiterin

23.11.2002

Von Lydia Aumüller


Am Volkstrauertag findet auf dem Runkeler Kriegsgräberfriedhof eine würdige Gedenkfeier für die dort ruhenden Toten statt. Auf dem vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge angelegten Friedhof ruhen insgesamt 250 Kriegstote des Ersten und Zweiten Weltkriege. Sie wurden von ihren ursprünglichen Begräbnisstätten im Kreis Limburg-Weilburg und dem Raum Usingen von 1966 bis 1968 auf diesen Sammelfriedhof umgebettet.

Villmar/Runkel. Nach seiner Einweihung durch den Hessischen Innenminister Heinrich Schneider am 6. Oktober 1968 wurde er in Obhut und Pflege der Stadt Runkel übernommen. Unter den Bestatteten befinden sich neben 123 Deutschen, viele ausländische,aber auch unbekannte Kriegsopfer.

Arbeitslager bei Aumenau

Über das Schicksal der russischen Zwangsarbeiterin Wera Schlonskaya (Grabreihe 10, Nummer 168), die mit ihrer Familie und weiteren Zwangsarbeitern sowie Häftlingen des Konzentrationslagers (KZ) Sachsenhausen im Arbeitslager "Plattenkauth" in Villmar-Aumenau (Kreis Limburg-Weilburg) zeitweise leben musste, gibt es neue Erkenntnisse.

Dank der Vermittlung des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen, der Russischen Föderation sowie des Villmarer Pfarrers Günter Daum kam ein brieflicher Kontakt mit der Schwester Nina Sosnovskaja geborene Schlonskaya und der Autorin zustande.

Die heute 76-jährige, ehemalige Zwangsarbeiterin wohnt in der Nähe von St. Petersburg. Sie berichtete in russisch geschriebenen Briefen von der Odysee ihrer Familie in den Kriegsjahren 1941-45.

Im Jahre 1941 wurde ihre Mutter Alexandra durch einen Bombenangriff deutscher Flieger 44 Kilometer vor St. Petersburg, dem damaligen Leningrad getötet. Der Vater Wossily (* 1901), von Beruf Rottenführer, kam mit den fünf Kindern: Wera (* 28.6. 1924), Nina (* 1926), Anatoly (* 1930), Nadja (* 1932) und Arkady (* 1937, ‘ 1997) in Russland in ein Sammellager, um für die Deutschen zu arbeiten. Drei von ihnen sind heute schwerbehindert.

1942 war für die Schlonskayas ein schlimmes Jahr. Deutsche Soldaten gaben ihnen Körner zum Essen, damit sie überlebten. 1943 wurde die Familie nach Estland verschleppt und kam in ein großes Lager. Von dort (Sangaste) ging es 1944 mit insgesamt 54 Leidensgenossen nach Deutschland in das kleine Lager "Plattenkauth" bei Villmar-Aumenau.

Eingesetzt an der Lahntalbahn

Nina Sosnovskaja erinnert sich, damals an einer Lahntalbahn und beim Reparieren der Gleise gearbeitet zu haben.

Sie gibt weiter an, dass ihre Schwester Wera, die durch die Zwangsarbeit an einem Nierenleiden erkrankte, am 3. Mai 1945 verstarb und von den Amerikanern auf dem Friedhof in Aumenau beerdigt wurde.

Die Amerikaner brachten ihre Familie etappenweise zurück nach Russland bis in die Nähe von St. Petersburg.

Nina Sosnovskaya bedankte sich überglücklich für ein Foto vom Grab ihrer Schwester Wera vom Runkeler Kriegsgräberfriedhof: "Nun kann ich beruhigt sterben. Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass man nicht vergessen wird."

Als Dank überließ sie ein Passbild ihrer verstorbenen Schwester Wera, das für deren Lager-Registrierung im September 1944 in Weilburg gemacht wurde.

Entgegen einer Angabe, dass die SS am 26. März 1945 die Häftlinge aus dem Lager "Plattenkauth" nach Wetzlar und weiter nach Buchenwald transportiert habe, blieb zumindest die Familie Schlonskaya in Aumenau und erlebte dort die Befreiung durch die Amerikaner am 27. März 1945.

Außenstelle der SS-Baubrigade

Heute können sich ältere Mitbürger in Aumenau zwar an das Grab, aber niemand mehr an die Beerdigung der damals 20-jährigen Wera Schlonskaya erinnern. Auch nicht an die Auflösung des Lagers, das der Außenstelle der 13. SS Baubrigade Sachsenhausen unterstellt war.

Ein 33-jähriger Angehöriger des Bewachungskommandos, der SS Sturmmann Johann Penkowski (*12.3.1912, ‘ 21.3. 1945) kam in Eschhofen bei Limburg als Wachmann des Häftlingszuges zu Tode. Er wurde zunächst auf dem Aumenauer Friedhof beerdigt und ebenfalls auf dem Sammelfriedhof umgebettet. Seine Ruhestätte befindet sich (Grabreihe 10 Nr. 166) zwei Gräber neben der russischen Zwangsarbeiterin Wera Schlonskaya.

Nassauer Tagblatt
Villmarer Kapellenaufzeichnungen von 1585 im Archiv entdeckt
12.07.2002

Von Lydia Aumüller


Villmar. Im Koblenzer Landeshauptarchiv ist ein bisher unbekanntes Inventarverzeichnis einer "Kapelle von Vilmar" von Heimathistorikern entdeckt worden. Die Aufzeichnungen stammen aus dem Jahre 1585.

Es stellte sich für die Villmarer die Frage: "Wo stand die Kapelle und wer durfte diese nutzen?" Schließlich gab es damals mehre Bauwerke oder Heiligenhäuser, die als Kapellen dienten.

Bekannt ist eine umfangreiche Inventarliste des Villmarer Mönchhofes mit Hauskapelle aus dem Jahre 1560, die das Hessische Staatsarchiv in Wiesbaden verwahrt. Anlass dafür war die Verpachtung des Klostergutes zunächst für 18, dann für 25 Jahre an den Trierer Kurfürsten.

Die Vermutung, dass es sich bei dem 25 Jahre später erstellten Inventarverzeichnis von 1585 um die Kellerei-Turmkapelle handeln dürfte, konnte Bruder Petrus Becker, Archivar der Abtei St. Matthias in Trier, bestätigen.

Er erinnerte daran dass die früher dort lebenden Mönche ihr Chorgebet und manchmal die Messe feierten. Letzteres traf in Villmar besonders zu, als etwa von 1564/65 bis 1657 Weltpriester die Pfarrei verwalteten. Vergleicht man die Inventareintragung der Kapelle von 1560 mit der von 1585, so hat sich der Bestand kaum verändert.

Damals wurden registriert: zwei silberne vergoldete Kelche mit zwei Patenen, davon die eine vergoldet; drei Korporale (Leinentücher), zwei Messgewänder, zwei Paar Messkännchen, eine Kirchenschelle, zwei Messingleuchter auf dem Altar, einer an der Wand, eine Missale (Messbuch), ein Altartuch mit Decke, ein zinnernes "Handfass" neben dem Altar. Eine Beschreibung der sakralen Gegenstände wie "bei dem Altar, auf und in dem Altar" oder "in dem großen Schrank von der Capellen" lässt deren Lage deutlicher werden.

Im Anhang befindet sich eine Bibliothekliste von mehr als 90 aufgeführten Büchern, darunter Druckwerke zu Luthers Lehre. Eine Bearbeitung der Bücher steht noch aus. Sie waren in einem großen Schrank im Saal verwahrt.

Vermerkt ist auch die leihweise Überlassung der Bücher an weltliche Geistliche der Pfarrei, zum Beispiel an den in Villmar von 1577 bis 1623 amtierenden Pfarrer Wilhelm Lindener. Zum Hausbestand sind unter anderem aufgeführt: ein alter "beschlossener" Eichentisch, ein Pult, ein Stuhl, ein "Messings Lavorbecken ahn einem bredt", eine Leuchte sowie ein kleiner Brennkolben.

Ein kürzlich im Wied`schen Archiv entdeckter Plan über einen Teil des Ortsberings von Villmar im Jahre 1884 zeigt deutlich den Grundriss der ehemaligen Mönchswohnung, die damals als Pfarrhaus diente und dem Fürst zu Wied zugehörig war. Darauf ist deutlich zu erkennen, dass sich der besagte Kapellenturm an der Gartenseite in Richtung Kirche befand. Demnach war der Turm umfangreicher als die beiden heute noch vorhandenen Türme der alten Stadtmauer beim Pfarrhaus.

Nach Angaben von Pfarrer Munsch befand sich 1852 der Turmeingang im zweiten Stock. Damals wurde der obere Teil des Kapellenturmes wegen Einsturzgefahr abgebrochen. Der übrige Teil fiel der Spitzhacke beim Abbruch der Kellerei 1889 zum Opfer.

Nachforschungen zur Geschichte Villmars führen des öfteren in das Archiv der Abtei St. Matthias in Trier zu den Archivaren Petrus Becker und Jakobus Wilhelm, denen die Villmarer für ihre Mithilfe dankten.

"Für mich und die Geschichte von St. Matthias ist es eindrucksvoll, dass sich so viele Zeugnisse zeigen, die kundtun, wie sehr auch in den auswärtigen Höfen unserer Mattheiser Grundherrschaften die monastische Gemeinschaft auf Chordienst und geistlicher Beschäftigung gepflegt wurde, dies zugleich mit dem Dienst in der Pfarrei", so der hochbetagte Archivar Petrus Becker.


Nassauer Tagblatt
Simon Leonhard II schuf das Standbild eines französischen Generals

Denkmal und Altäre aus Villmarer Marmor

23.07.2002

Von Lydia Aumüller

Villmar. Einer der legendären Steinhauermeister der Leonharschen Familie in Villmar war Ende des 18. und Anfang 19. Jahrhunderts Simon Leonhard. Sein Ruf als Meister seines Faches reichte weit über die Grenzen seines Heimatortes.

Simon Leonhard II. (1762 - 1837) trat schon in jungen Jahren in die Fußstapfen des Vaters. Zudem unternahm er den Versuch, bei seiner Wanderschaft die Steinmetz-Erfahrungen zu verbessern. Dass ihm die Wanderzeit in Holland und Belgien sehr von Nutzen war, von der er 1785 zurückkehrte, beweisen seine kunstvollen Arbeiten.

Simon Leonhard heiratete am 7. Januar 1787 Anna Maria Bleul aus Villmar, Mit ihr hatte er zwei Töchter sowie die Söhne Engelbert (geboren 1791) und Johann-Peter (1793). Mit Hilfe von Gesellen und später mit seinen Söhnen, betrieb er bis 1817 als einziger in Villmar das Geschäft in größerem Maßstab. Welche Schwerstarbeit bei der Bergung des Materials aus den Villmarer Steinbrüchen, die rechts und links der Lahn lagen, zu leisten war, ehe die tonnenschweren Rohblöcke mit einem Wagen oder mit einem Kahn über die Lahn zur Werkstatt gebracht werden konnten, weiß nur zu ermessen, wer selbst beteiligt war.

Mangels Maschinen musste damals alles in Handarbeit erledigt werden. Leonhard lieferte 1790 die Säulen in die Ignatiuskirche zu Mainz, teils neue, teils restaurierte Altäre in die Klosterkirche zu Seligenstadt, die heute noch zu bewundern sind.

Ende des 18. Jahrhunderts erhielt Simon Leonhard den Auftrag zur Fertigung eines Denkmals für den französischen General Lazare Hoche. Durch Spenden französischer Soldaten wurde der Kauf eine Grundstückes auf dem Frauenberg, damals französisches Territorium nahe Weißenthurm am Rhein, ermöglicht, auf dem das Monument 1798 errichtet wurde.

Die Soldaten der Sambre- und Maasarmee hatten das acht Meter hohe Marmormonument auf jenem Hügel erstellen lassen, von wo aus der General im April 1797 den Rheinübergang seiner 40 000 Mann starken Truppe und deren Kampf bei Neuwied leitete.

Das im klassizistischem Stil geschaffene Bauwerk aus heimischem Marmor hält in vier Nischen auf Kupfertafeln im Halbrelief die bewegte Geschichte der napoleonischen Kriege fest. Auf den zusammengefügten mächtigen Quadern ist auf der Vorderseite zu lesen: "Larmée de sambre et meuse à son general en chef Hoche" (Die Sambre- und Maas-Armee für ihren kommandierenden General Hoche).

Seit 1919 ruhen die sterblichen Überreste des General Hoche, der Ende 1797 bei Wetzlar verstorben war, in einer Gruft unterhalb des Denkmals. Seit 1978, nach Abschluss eines Vertrages zwischen der Stadt Weißenthurm und dem französischen Staat, ist der "Hoche Park" für die Öffentlichkeit zugänglich.


Nassauer Tagblatt
Ein Villmarer Zeitzeuge berichtet über den Kampf bei Quatre-Bras und Waterloo - Vor 185 Jahren kämpften die Nassauer mit Blücher und Wellington gegen Napoleon
28.05.2000

Von Lydia Aumüller,
Tel.: (0 64 71) 93 80 28

Nachdem Nassau, unter der Regentschaft von Herzog Friedrich August, seinen Beitritt zur Allianz gegen Napoleon erklärt hatte, wurden hier Landwehr-Bataillone ausgehoben, die über 40 000 Mann unter Waffen stellten. In den Reihen der nassauischen Truppen befanden sich auch 59 Villmarer Männer, die gegen Napoleon kämpften, nachdem dieser im Februar 1815 von der Insel Elba zu seinem zweiten Eroberungskrieg ausgebrochen war. In der Schlacht bei Waterloo war es den Nassauern zu verdanken, dass zusammen mit den Alliierten der endgültige Sieg über die Herrschaft Napoleons errungen wurde. Einer der Waterloo-Kämpfer war Johann Peter Leonhard aus Villmar, der seine Erlebnisse in der Soldatenzeit, besonders den Kampf um Waterloo, um 1862 aufzeichnete. Davon befindet sich ein 38-seitiges Fragment im Besitz seines Urenkels Ferdinand Leonhard, der es freundlicherweise zur Auswertung einer Veröffentlichung zur Verfügung stellte.

1793 geboren

Johann Peter Leonhard (Lehnhard, siehe Foto) erblickte am 15. 10. 1793 als Sohn von Simon Leonhard und Anna Maria geb. Bleul in Villmar das Licht der Welt. Er war von Beruf Steinmetz und stand von 1813 bis 1820 in militärischen Diensten.

4. Regiment Nassau

Er diente zunächst im 4.Regiment Nassau und war von Weihnachten 1813 bis Anfang Mai 1814 bei der Belagerung von Mainz im Einsatz. Sein Regiment zählte 2700 Mann, die in vier Bataillone eingeteilt waren. Diese wurden im September 1814 in Schierstein in einem offenen Nachen eingeschifft und in Holland kurz vor Nievell an Land gebracht. Von dort aus ging es Ende September per pedes zur Festung Maastricht. Hier wurden sie dem 2. Regiment Nassau zugeordnet, das den Ruf eines Garderegimentes hatte. Während der Schiffsreise kursierte das Gerücht, dass sie von Maastricht aus in die holländischen Kolonien nach Ost- und Westindien verschifft werden sollten. Aber es kam anders.

Aufruhr

In der Festung Maastricht erhielten zunächst alle ankommenden Regimentsangehörigen neue Kleidung. Doch dann folgte ein unwahrscheinlich hartes Kasernenleben, in dem die Männer wie Sklaven behandelt wurden. Freiheitsentzug, schlechtes Essen und Unterkünfte mit Wanzen, Ratten und Mäusen führten zu Streitigkeiten mit den Holländern und schließlich zum Aufruhr. Dabei gab es Tote und Verwundete. Dreizehn holländische Husaren wurden von den Nassauern über die Brücke in die Maas geworfen und kamen zu Tode. Als Strafe erhielten die Nassauer Kasernenarrest, das hieß: Ausgangsverbot, schlechte Besoldung und eiskalte Unterkunft, so dass viele bis zur Erblindung erkrankten. Jeder war froh, wenn er durch einen Befehl zur Wache vorübergehend diesen Verhältnissen entkam.

Krieg

So auch Johann Peter Leonhard, der am 28. März des Jahres 1815 am Osttor der Festung Wache stand. Gegen 1 Uhr in der Nacht erhielt er von einem ankommenden Reiterkurier eine Depesche, die er sofort an die Vorgesetzten weitergab. Sogleich ließen diese die Trommeln Alarm schlagen. Das 2. Regiment Nassau, zu dem Leonhard gehörte, musste rüsten, um im Eilmarsch nach Charleroi, einer Festung an der Grenze zwischen Belgien und Frankreich, die von Franzosen besetzt war, zu marschieren. Trotz der Strapazen waren viele froh, der "Rattenkaserne" zu entfliehen. Es kam jedoch schlimmer als erwartet. Die Anstrengungen des dreitägigen Marsches mit "Sack und Pack" kosteten bereits bis zur Ankunft in Charleroi und der Umgebung bei Odellenwall 48 Männer das Leben. In Odellenwall, drei Stunden von Nievell, der Hauptstadt von Flandern, lagerte das Regiment vom 1. April bis zum 15. Juni 1815 im Feldquartier unter freiem Himmel. Von Gewitterregen durchnässt, stellte sich bei vielen Verdrossenheit und Mutlosigkeit ein.

Das Villmarer Lied

Der kommandierende Hauptmann Ebel wollte dies beheben und befahl Johann Peter Leonhard, ein ihm bekanntes "Villmarer Lied" anzustimmen. Man formierte eine Kompanie zu einem Kreis, und alle sangen mit Leonhard: "Als Lazarus gestorben war, da trauerten um ihn seine Schwestern Susanna, Chatarina, Philippina, bei der Windmühl geht der Weg hinaus" ... Da es eine Art Kirchenmelodie war, kamen die Bewohner des Dorfes und entblößten ihre Häupter in der Meinung, die Soldaten hätten Gottesdienst.

Das Schlachtfeld

Doch dann wurde es ernst. Ein Kurier meldete: Die "Stang brennt", das hieß, der Kampf begann. Mit geladenem Gewehr ging es im Sturmschritt auf eine Höhe, ungefähr wie vom Friedhof in Wiesbaden bis zur Platte, so Leonhard. Vor ihnen lag Quatre-Bras, eine wichtige Straßenkreuzung. Auf einer weiteren Höhe standen kampfbereit die Franzosen. Leonhard vergleicht das Schlachtfeld mit der Heimatflur. "Man stelle sich im Geiste auf die Runkeler Holzgräben, all wo man auf der Chaussee aus dem Runkeler Walde von Weilburg her kommt. Auf mittlerer Höhe der Holzgräben stand am 16. Juni 1815 die Alliierte Armee in Schlachtordnung aufgestellt. Gegenüber von uns war eine andere Anhöhe, ungefähr so ähnlich wie die Anhöhe der Horst, der Brecher Ufer, und wenn sich diese Anhöhe so fort belaufen würde bis gegen die Mitte des sogenannten Hufeldes.

Auf dieser Anhöhe stand die französische Armee. Zwischen den beiden Anhöhen war die schöne ebene Fläche, wie zum Beispiel das Brecher Loch, das Hufeld, das Villmarer Oberfeld bis in die Heiderwiese, das Runkelerfeld. Nur muß man sich das Lahnthal dahier hinweg denken. So eine schöne Ebene war das Schlachtfeld von Waterloo." Beim Kampf waren die immer vorne, so Leonhard. In Karees formierte sich das 2. Regiment zur Schlacht, verstärkt durch Bataillone der Oranier, der Holländer und einer Batterie Kanonen. Im Sturm ging es, bald links, bald rechts, bald vorwärts, bald rückwärts, gegen eine Übermacht der Franzosen, die neben Infanterie auch Kavallerie und Artillerie einsetzten. Es gab viele Tote, und die Soldaten mussten sich nach Odellenwall, ihrem Ausgangspunkt, zurückziehen.

Leonhard schildert eindrucksvoll weitere blutige Kämpfe, die unter Mithilfe der englischen Infanterie, Kavallerie und Artillerie, aber auch durch den Einsatz der Schotten, Braunschweiger und Hannoveraner stattfanden. Dazu kam das 1. Regiment Nassauer, das von Brüssel in 16 Stunden im Sturmschritt zum Schlachtfeld angerückt war. Die Franzosen konnten dadurch zurückgeschlagen werden. Am 17. Juni 1815 morgens gegen 7 Uhr kamen zu dem Donnern der Kanonen schwere Gewitter mit Regen, so dass die Kampftruppe in wenigen Minuten bis zu den Knöcheln im Wasser stand. Sie musste sich abermals zurückziehen und einen angeschwollenen Bach, "Genap", genannt durchschwimmen. Hierbei fanden viele Soldaten den Tod. Für den weiteren Kampf erhielt jeder Mann in aller Eile 80 scharfe Patronen und neue Feuersteine. Als die Vordersten marschierten wieder die Nassauer in die Mitte des Schlachtfeldes gegen den Feind. Zehn Fuß hinter diesen standen die Kanonen der Engländer, die über ihre Köpfe feuerten. Die Franzosen erwiderten ebenfalls mit Kanonenfeuer bis zum Einbruch der Dunkelheit. In der Nacht wurde das Feuer von beiden Seiten eingestellt.

Gegen 3 Uhr morgens am 18. Juni ließ das Regenwetter nach. Die Soldaten konnten Lebensmittel fassen, Feuer machen und in Kesseln Fleischsuppe kochen. Zum Essen kam es allerdings nicht, denn die Trommeln schlugen abermals Alarm.

"Kessel ausschütten!" hörte man von allen Seiten. Alle blieben hungrig, und ihre gute Suppe lag auf dem Feld. Dann ertönte das Kommando: "Erstes Bataillon vom zweiten Regiment Nassau voran!" Im Sturmschritt marschierten sie zum Hofgut Hougoumont, genannt Belle Alliance, das ein Haupthaus hatte, wie das Villmarer alte Rathaus mit einem Türmchen. Das Gut lag im Zentrum des Schlachtfeldes. Sie konnten es besetzen, die Tore verschließen und sich darin verschanzen. Vier Angriffe der Franzosen zur Eroberung des Hofes wurden von ihnen tapfer abgewehrt. Leonhard berichtet: "Für mich waren die Kämpfe wie der Weltuntergang: Die Erde und der Himmel bebten. Als die Franzosen zum 5. Male Hof Hougoumont angriffen und bis in die Mitte des Hofes vordrangen, begann der fürchterliche Kampf Mann gegen Mann. Bei dem unbeschreiblichen Totschlagen, -stechen und -schießen dachte ich nur noch an den Tod. Als die Gefahr am allergrößten war, erschien Fürst Blücher mit seinen tapferen Preußen und fiel den Franzosen an deren rechten Flügel in die Flanke. Zur gleichen Zeit rückte Herzog Wellington mit den Engländern im Sturm auf den linken Flügel des Gegners und auf die Mitte von Hof Hougoumont.

Der gemeinsame Riesenkampf gegen die Franzosen führte schließlich zum Endsieg. Bezahlt mit dem Blute vieler Toter und Verwundeter von beiden Seiten, die auf dem Schlachtfeld lagen. Zurück blieb ein total zerstörtes Hofgut, dessen ehemals baumbepflanzte Umgebung dem Erdboden gleich war. Nur durch Gottvertrauen und Gebete habe ich die schrecklichen Tage der blutigen Schlachten mit Todesängsten überstanden."

Einzug in Paris

Siegesbewusst, mit geladenen Gewehren und aufgepflanzten Bajonetten, marschierten die Nassauer durch Frankreich bis Paris, der Hauptstadt der Franzosen, die sie am 1. Juli 1815 erreichten. In den umliegenden Ortschaften lagerten sie als Siegertruppe, um sich von den großen Strapazen auszuruhen. Ihr Hauptmann Ebel, unter dessen Kommando Leonhard stand, proklamierte am 30. Oktober 1815:

"Leute! Der Krieg ist jetzt zu Ende, zu dem wir seit dem 29. März d. J., als wir aus Maastricht ausmarschiert sind, sehr vieles ausgestanden; wir haben Eilmärsche gemacht, Hunger und Durst, Not und Mühseligkeit aller Art ausgestanden; wir haben die großen Schlachten bei Quatre-Bras und Waterloo mitgemacht, allwo sich meine Companie besonders im Hof Hougoumont tapfer ausgezeichnet hat, wovon wir alle Ehre haben. Wir haben viele von unseren Kameraden verlohren, auch viele von denselben liegen heute noch in den Hozpithälern und müßen ihre Schmerzen ausstehen. Wir dagegen, wie wir heute noch hier beisammen, wir sind auf allerhöchsten Befehl hierher in die Ortschaften zum Einquartieren verlegt worden, um uns vier bis fünf Wochen von unseren harten Strapazen, welche wir ausgestanden haben, wieder ausruhen zu können . . ."

Johann Peter Leonhard erhielt zusammen mit seinem besten Kameraden Johann Schmitt in einer größeren Ortschaft ein Quartier zugeteilt, das einem alten Stall ähnlich sah. Das Haus war mit Stroh gedeckt. Der Boden eines Raumes bestand aus Wackersteinen. In der Mitte brannte ein offenes Feuer. Es war das Zuhause eines alten, fast blinden Paares, von denen sie aber freundlich empfangen und bewirtet wurden . . . Die weiteren Aufzeichnungen bis zur Entlassung aus dem militärischen Dienst und der Heimkehr nach Villmar um 1820 waren bisher nicht auffindbar.

Waterloo-Medaille

Leonhard erhielt wie seine Kameraden die von Herzog Friedrich August gestiftete Waterloo-Medaille als Auszeichnung, die er mit berechtigtem Stolz bei einer späteren Fotoaufnahme präsentiert. Sie befindet sich noch heute in Privatbesitz.

Ehrendes Gedenken

Dass Johann Peter Leonhard seine toten Kameraden nicht vergessen konnte, hält ein Dokument im Pfarrarchiv Villmar aus dem Jahre 1848 fest. In einem dreiseitigen gedruckten Bericht mit der Überschrift "Zuruf an die Villmarer" nennt er 59 Villmarer Kriegsbrüder namentlich, die in den Jahren 1800 bis 1815 in den Feldzügen in Deutschland, Spanien, Frankreich, besonders in der großen Entscheidungsschlacht am 16., 17. und 18. Juni 1815 bei Waterloo, sowie in den Weltteilen Asien, Amerika und Australien gekämpft hatten.

Johann Dornuff

Unter den Waterloo-Kämpfern befand sich auch Johann Dornuff (Dornauf, Dornof), dessen Entlassungsschein aus dem herzoglich-nassauischen Kriegsdienst heute von seinem Nachkommen Herbert Schulze, Villmar, verwahrt wird. Johann Dornuff wurde am 6. September 1793 als Sohn des Simon Dornoff in Villmar geboren. Er war von Beruf Wagner und stand in herzoglichen Militärdiensten. Er diente vom 16. Dezember 1813 bis 9. Dezember 1819 im 2. Infanterieregiment Nassau und dem ersten Bataillon der Jägerkompanie als "braver Corporal", registriert mit der Nummer 2780. Nach seiner Entlassung aus dem Stabsquartier Breda in den Niederlanden am 7. Januar 1820 gehörte er, so das Herzoglich-Nassauische Kriegs-Collegium in Wiesbaden, ab 24. Dezember 1820 zur Veteranenkompanie (Johann Dornuff starb in Villmar im Jahre 1861). Johann Peter Leonhard bat in seinem Aufruf die 30 noch lebenden Kameraden sowie die Angehörigen der 29 Gefallenen und in der Heimat Verstorbenen um die Einrichtung der Stiftung eines Seelenamtes für die tapferen Krieger, das alljährlich in der Villmarer Pfarrkirche als ewiges Andenken gehalten werden sollte. Ob diese Stiftung zustande kam und wie lange sie Bestand hatte, ist nicht bekannt. Der Patriot Johann Peter Leonhard war in Villmar eine anerkannte Persönlichkeit und über die Grenzen als außergewöhnlicher Marmor-Steinhauermeister bekannt. Nach einem erfüllten Leben starb er am 23. März 1873 mit fast 80 Jahren.