Zur 950-jährigen Geschichte Villmars gehört nicht zuletzt der Bau und die Zerstörung der verschollenen Burg „Gretenstein". „uf einem stein nit verre von Velmar"

Immer wieder versuchten Historiker vergebens, die genaue Lage des 1359 erbauten Witwensitzes der Gemahlin des Philipp von Isenburg zu lokalisieren. Hatte man das Bauwerk bei der Eroberung so gründlich zerstört? Wurden eventuelle Reste desselben in den zurückliegenden Jahrhunderten entfernt?

Die Geschichte hat gezeigt, dass eigentlich nichts untergeht, ohne eine Spur zu hinterlassen. Wir wissen nur nicht, wo die richtige Suche für die verschwundene Burg anzusetzen ist, denn die bisher bekannten Quellen sagen zu wenig über den genauen Standort aus.

Viele Zeitgenossen sind geneigt, nach gleichnamigen Flur- oder Gesteinsnamen wie: „Im Gretenberg" oberhalb des Eisenbahn-Tunnels nahe der sogenannten „Speich", oder dem Marmorbruch „Gretenstein" gegenüber Villmar dessen ursprüngliche Lage bestimmen zu können.

Geheimgang zur Burg?

In der Gerüchteküche Villmars brodelt bis heute, dass es von der ehemaligen Kellereianlage (links der Lahn) einen unterirdischen Gang zur Burg Gretenstein (rechts der Lahn) gegeben haben soll. Ist das ein Märchen oder eine Überlieferung mit einem Fünkchen Wahrheit?

Im Jahre 1821 ließ Hofkammerrat Jung, Nassauischer Rezepturbeamter von Runkel, durch Bergarbeiter die Ruinen auf der Burg (leider nicht näher bezeichnet) diesseits nach Altertümern untersuchen, ebenso auf der rechten Lahnseite auf einem großen Steinfelsen, wo ehemals das „Schloß Krätenstein" gestanden haben soll. An beiden Stellen wurde nichts gefunden. Auch der Villmarer Schultheiß Höhler wollte im Januar 1829 in einem Schreiben an das Amt Runkel wissen, dass die Gemeinde in der Gemarkung über der Lahn, „dort wo die ehemalige Burg Graetenstein gestanden hat" einen Steinbruch mit rotem und rotgrauem Marmor zu verpachten habe.

Hatte die verschwundene Burg wirklich dort gestanden? Berief sich der Schultheiß auf noch erkennbare Reste der ehemaligen Burg oder brachte er mündliche Überlieferungen zu Papier? Sollte dies der Fall sein, so ist heute sicher, dass spätestens durch den enormen Abbau des Gesteins, der als „Gretenstein" den Marmormarkt im 19. und 20. Jahrhundert eroberte, alle wesentlichen Spuren für ewig gelöscht wurden.

Philipp von Isenburg

Der Limburger Chronist Tilemann Ehlen von Wolfshagen (1347-1420) hält bei der Beschreibung und dem Bericht über die Zerstörung der Burg Gretenstein deren Lage mit: „uf einen stein nit verre von Limpurg unde von Velmar" fest.

Im Villmarer Kirchenbuch ist aus dem Jahre 1632 zur Geschichte der Burg Gretenstein folgendes nachzulesen

„Um 1359 hat Philipp von Isenburg Büdingen, Herr zu Grenzau, der sich zu Vilmar aufhielt. „ auf einer nahen Felse" gegen die Rechte von Trier eine Burg gebauet. Er nannte die Burg Gretenstein, seiner Gemahlin zu Lieb; deßen Wittib-Sitz sie seyn solte. Die Burg wurde mit Burg-Männern aus der Pfalz und seinen Lehns Leuthen besetzet. Also konnte man aus der Burg die Nachbarschaft leicht beunruhigen.  1360 hatte Cuno Coadjutor des Trierischen Kurfürsten Boemundus, den Isenburger zu bekriegen mit der Trierischen Mannschaft Vilmar belagert. Kuno kam erstlich mit einer Schar edler Ritter und Freyen nach Limburg und führte alle in Waffen geübte Bürger im Klang der Glokken, 1800 an der Zahl nach Vilmar vor die Burge. Ein Führer der Reiter befahl dem Bürgermeister und Bürger von Limburg, voran zugehen. Johann Schuppe, der Bürgermeister aber sagte, dass die Limburger zwar bereit wären zu fechten, doch wolten sie mit ihren Leichen die Gräben nicht füllen. Wenn die edlen Ritter und ihre Knechte die erste wären, so würden die Bürger nicht die letzten seyn.-  Der Adel und der Unterfürst Kuno greifen an, man ficht mit Muthe, Pfeile und Steine werden hineingeworfen. In einem halben Tage wurde die Burg gewonnen. Kuno, der Trierische Koadjutor wurde am Gesicht durch einen Steinwurf verwundet. Heinrich von Runkel ist von einen Steinwurfe nach etlichen Tagen gestorben. In der Burg wurden gefangen Philipp, der Isenburgische Herr, Johann von Montfort, und 36 andere von Geburth sowohl als Krieger ansehliche Männer welchen der Sieger in folgendem Jahre, auf Anhalten Rudberts des Jüngern zu Pfalz, das Leben und Freyheit geschenket hat"

In einer Urkunde vom 13. Febr. 1362 erklärt sich Philipp schuldig, widerrechtlich eine Burg gebaut zu haben: „ obwenig Schadeck bey der Laene".

Graben als Sicherung

Das Rätseln um die Burganlage ist trotz der obigen Beschreibungen „Auf einem nahen Felsen", „ Steinbruch Gretenstein über der Lahn", „Felsen nicht weit von Limburg und von Villmar", „oberhalb Schadeck an der Lahn" bis heute geblieben. Aus dem Bericht im Kirchenbuch kann als wesentlicher Hinweis noch entnommen werden, dass sich das Areal auf einem Felssporn befand, der auf der Landseite durch einen Graben gesichert war. Könnten die Steine der noch vorhandenen Burgreste Grenzau oder der Isenburg, oder der alten Burg in Villmar reden, wüssten wir sicher mehr über den damaligen Neubau des Grafen Philipp.

Wer weiß, vielleicht finden kommende Generationen mit moderneren Techniken oder der Kommissar Zufall den Schlüssel zur Burg „Gretenstein".

Bildbeschreibung: Im Vordergrund (1) Der Steinhang rechts der Lahn gegenüber Villmar. Hier wurden in den zurückliegenden Jahrhunderten unzählige Tonnen Marmor gefördert. Im Hintergrund (2) die Schadecker Flur  "im Gretenberg" oberhalb der Speich.